Rezension: Quo vadis Beratungswissenschaften?

Heidi Möller & Brigitte Hausinger (Hrsg.) Quo vadis Beratungswissenschaft? VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden 2009, 188 Seiten.ISBN: 978-3-531-16745-9

Quo vadis Beratungswissenschaften

Dieser Band schlägt einen sehr weiten Bogen über das Themenfeld der aktuell diskutierten Beratungswissenschaft. Den Leser/innen wird ein mehr als umfangreicher Einblick in die potentiellen Perspektiven dieses Themas geboten. Besonders interessant ist die Vielfältigkeit der zu Wort kommenden Vertreter/innen unterschiedlicher Disziplinen (Soziologie, Psychologie, Pädagogik, Betriebswirtschaft).

Die Beiträge schließen an den allgemeinen Beratungsboom an, der sich aller Lebens- und Arbeitsbereiche annimmt und diese absorbiert. Gerade diese Tendenzen sind es, die der Frage nach einer oder gar mehreren Beratungswissenschaften eine Aktualität verleiht. Die Autor/innen reflektieren aus unterschiedlichen Perspektiven die zu diskutierenden und/oder zu klärenden Fragen und zeigen potentielle Entwicklungslinien einer Beratungswissenschaft auf. Gerade die Heterogenität, die aber an Tiefe nichts einbüsst, macht das Buch lesenswert und spannend zugleich. Das Buch eröffnet einen neuen und möglicherweise – für Wissenschaftler/innen aber auch für Praktiker/innen wichtigen Diskurs, den es zu führen gilt, will man Beratung und die Schätze „der“ Beratung weiterentwickeln und ausdifferenzieren.

Es wird der Begriff von Beratung sowie deren Erwartungshorizonte aus Sicht der Kunden/innen wie der Berater/in in Bezug auf eine arbeitsweltliche Beratung konkretisiert. Die Komplexität von Beratung in Organisationen sowie die Erwartungen von Kunden/innen und Auftraggebern steigt stetig und dies ruft die Frage nach Beratungswissenschaften auch im Sinne der Forschung auf den Plan, die aber eben mit unterschiedlichen Systemreferenzen operiert. Alle Autor/innen arbeiten mit ihren jeweiligen Perspektiven zum Teil an ähnlichen Fragestellungen, z.B.: Wie kann eine Verwissenschaftlichung von Beratung aussehen? Wie kann eine Beratungsforschung erfolgen? Führt die Beratungsforschung zu einer eigenständigen homogenen Beratungswissenschaft? Ebenso wird sich mit dem Thema der Beratungswissenschaft als Kunst, Profession oder Wissenschaft auseinandergesetzt. Darüber hinaus wird die Frage nach der Reflexivität und der Wechselwirkung von Real Science, reflexive Wissenschaft und angewandte Wissenschaft gestellt und bearbeitet. Neben diesen Grundfragen bieten die Artikel – der Vielperspektivität stringent folgend- auch eher praxisorientierte Perspektiven, die sich mit der Mikropolitik in Organisationen oder den konkreten Berater-Klienten-Interaktion beschäftigen.

Das Buch ist ein gelungener Versuch einen Kommunikationsprozess in Gang zu bringen, über die jeweils verschiedenen und sich teilweise ausschließenden Perspektiven, mögliche Grundlagen zu erarbeiten, Synergien zu schaffen, wie auch zukünftige Diskurse zu initiieren. Das Thema Beratungswissenschaften ist kein alleiniges akademisches Thema, sondern konform zur Pluralität des Beratungsmarktes eine Frage des Zusammenkommens von Disziplinen, Theorien, Konzepten sowie Wissenschaftler/innen und Praktiker/innen wie auch von Fragestellungen, die potentiell neue Klarheit und Entscheidungen produzieren können- denn und das ist Tenor des Buches: Eine Perspektive alleine ist für eine anspruchsvolle und nachhaltige Beratungswissenschaft zu analog. Die Beiträge zeigen keine endgültigen und eindimensionalen Lösungen auf, sondern skizzieren, was denkbar sein könnte. Resümierend werden die vielfältigen Artikel mit ersten Umrissen einer potentiellen Beratungswissenschaft abgerundet.

Das Buch richtet sich nicht nur, wie man vielleicht dem Titel entnehmen könnte, an wissenschaftliche Akteure, sondern und dies ist die Quintessenz des Buches, an alle, die im Bereich Beratung tätig sind. Lassen Sie sich wie ich begeistern von den Potentialen und Möglichkeiten, aber auch den Widersprüchen und Paradoxien, die das Buch, aber auch das Thema in sich birgt. Fazit: Absolut empfehlenswert.